Nestlé tut sich schwer mit Ethik - Fortsetzung
Nach den neuesten unrühmlichen Enthüllungen in der Nestlégate-Affäre fordert ACTARES eine rasche öffentliche Entschuldigung gegenüber den Klägern und ein Eingeständnis der Verfehlungen.
Nach den unbefriedigenden Antworten des Nahrungsmittelkonzerns an seiner Generalversammlung 2009 betonte ACTARES in einem Schreiben an Nestlé, Attac sei nachweislich nicht für die Sachbeschädigungen vom März 2003 in Vevey verantwortlich. Peter Brabeck beharrte auf seiner Aussage und belegte dies mit zwei Fotos. Darauf ist, inmitten der Fahnen der französischen Bauerngewerkschaft, ein Transparent mit einem nachgemachten Attac-Logo zu erkennen. Weiter pochte Brabeck auf das gute Recht des Konzerns, sich mit verschiedenen Massnahmen zu schützen, deren Gesetzmässigkeit bis zum Beweis des Gegenteils ausser Frage stehe. Brabeck bestätigte ausserdem, der Konzern habe einen weltweit gültigen Verhaltenskodex verabschiedet, um derartige Auswüchse (wie die Bespitzelung) künftig zu unterbinden, und lud ACTARES zu einem Gespräch ein.
Attac ist eindeutig nicht gewalttätig
Vor dem Treffen mit Peter Brabeck, Paul Bulke und Rudolf Ramsauer konnte ACTARES die Unterlagen zum mittlerweile eingestellten Strafverfahren in der Bespitzelungsaffäre konsultieren. In einer offenen Atmosphäre legte ACTARES dar, dass das von Nestlé präsentierte Transparent von einer Einzelperson ohne Beziehungen zu Attac stammte und Attac selbst an der Demonstration vom 29. März 2003 nicht beteiligt gewesen war. Ausserdem bestritt ACTARES die Verlautbarung von Nestlé, der zweite Nichteintretensentscheid des Strafgerichts bestätige, dass Nestlé die Gesetze nicht verletzt habe. Tatsächlich erfolgte dieser Entscheid wegen Verjährung. Die Wahrheit wird somit nie ans Licht kommen, auch wenn Peter Brabeck darauf beharrt, eine interne Untersuchung habe keine Gesetzesverstösse zutage gefördert. Laut Peter Brabeck bietet der neue Verhaltenskodex, der an alle Tochterfirmen verschickt wurde, ausreichende Garantien für die Zukunft.
Ein Verhaltenskodex und ein Buch
Der Verhaltenskodex wurde Ende 2007 herausgegeben, also noch bevor der Skandal im Juni 2008 bekannt wurde. Gesetzesverstösse werden darin eindeutig verurteilt; die Vorschriften punkto Daten- und Persönlichkeitsschutz dagegen sind vage. ACTARES verlangt eine Verschärfung dieser Bestimmungen. In seinem Ende Oktober 2009 erschienenen Buch «Affaire classée» leuchtet Alec Feuz die Hintergründe der Spionageaffäre und der Strafuntersuchung schonungslos aus. Angesichts der schwerwiegenden Ungereimtheiten fordert ACTARES Nestlé auf, umgehend auf die Forderungen der Kläger einzugehen und sich öffentlich bei ihnen zu entschuldigen. Nachdem Peter Brabeck mehrfach beteuert hat, die Bespitzelung einer NGO sei mit der Unternehmenspolitik von Nestlé nicht vereinbar, dürfte dies nicht schwer fallen.